Wer sich selbstständig machen will, muss sich erstmal mit der Frage beschäftigen, ob seine angestrebte, selbstständige Tätigkeit gewerblich ist oder nicht. Große Unterschiede liegen im Steuerrecht, Ertragsmöglichkeiten und bei sonstigen Gebühren und Abgaben. Der allgemeine wirtschaftliche Begriff "Selbstständigkeit" oder "selbstständig" wird im Einkommenssteuergesetz differenziert betrachtet.

Freie Mitarbeit: Eine Tätigkeit als "freier Mitarbeiter" spricht keinesfalls auch für einen Freiberuf. Es bedeutet lediglich, dass eigenverantwortlich und nicht weisungsgebunden sowie zeitlich frei gestaltbar (selbstständig) gehandelt wird. Die Tätigkeit kann gewerblich oder freiberuflich ausgeführt werden. Abhängig von der Tätigkeit an sich.

 Gewerbebetrieb und Freiberuf parallel zu betreiben ist generell möglich, die Erträge müssen aber sauber getrennt werden. Das Finanzamt weist dazu üblicherweise getrennte Steuernummern zu. 

Gewerbetrieb: Gewerbebetriebe unterliegen der Gewerbesteuer. Sie sind als Gewerbetreibender gegebenenfalls verpflichtet Mitgliedsbeiträge bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) bzw. Handwerkskammer (HWK) zu zahlen, sofern sie deren Freibeträge überschreiten. Jeder Gewerbebetrieb muss beim zuständigen Gewerbeamt (Bezirksamt, Bürgermeisteramt, Gemeinde) angemeldet werden, sobald eine selbstständige bzw gewerbliche Tätigkeit aufgenommen wird. Das Finanzamt stellt eine individuelle Steuernummer für die gewerbliche Tätigkeit aus. Es wird ebenso die zuständige Kammer amtlich unterrichtet. In der Regel sind Gewerbebetriebe zur (doppelten)Buchhaltung verpflichtet, sofern die Tätigkeit einen nach Art und Umfang organisierten Geschäftsbetrieb erfordert.

Aufatmen lässt sich bei kleinen Unternehmen. Diese können zumindest Gebrauch von der Kleinunternehmerregelung machen. Der § 19 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) stellt entsprechende Relgen auf. Demnach kann eine einfache Jahresüberschussrechnung erstellt werden und Umsatzsteuern auf der Rechnung nicht ausgewiesen und somit an das Finanzamt nicht abgeführt werden. Die Leistung erfolgt hier ohne Berechnung der Umsatzsteuer.

Nun zu den freien Berufen. 

Selbstständige Arbeit:. Freiberufler zahlen keine Gewerbesteuer, da sie keinen Gewerbebetrieb führen. Auch zahlen Freiberufler aus diesem Grund auch keine Mitgliedsbeiträge bei der Industrie- und Handelskammer bzw. Handwerkskammer. Das macht eine steuerliche Klassifizierung als Freiberufler, heute auch Freelancer genannt, wiederum interessant. Kammerbeiträge können dennoch anfallen, sofern es sich bei dem Freiberuf um einen Kammerberuf handelt, wie z. B. Mitgliedschaft bei der Rechtsanwaltskammer oder Ärztekammer. Hier ist nicht das Gewerbeamt, sondern das Finanzamt unverzüglich über die Aufnahme einer freiberuflichen Tätigkeit zu informieren. Das Finanzamt stellt eine individuelle Steuernummer für die freiberufliche Tätigkeit aus. 

Ein weiterer Vorteil der freien Berufe ist, dass Sie ihre Einkünfte stets über eine einfache Jahresüberschussrechnung aufstellen dürfen. Dies spart Zeit und Kosten. Einer (doppelten)Buchführung bedarf es nicht, wie es bei Gewerbetrieben ggf. erforderlich ist. Auch Freiberufler können von der Kleinunternehmerregelung nach §19 UStG gebrauch machen. Dies kann beim zuständigen Finanzamt beantragt werden. Sie müssen dann die Umsatzsteuer auf ihren Rechnungen nicht ausweisen und somit auch nicht an das Finanzamt abführen. Dies geht aber nur bis bestimmte Umsatzgrenzen.

Was gewerblich ist und was freiberufliche Tätigkeit ist, entscheidet das Finanzamt.

Voraussetzungen für eine steuerliche Erfassung als Freiberufler

Nach dem Steuergesetz muss hier die geistige und/oder schöpferische Tätigkeit im Vordergrund stehen. Dies ist in der Regel bei Künstlern (Schauspielern, Musikern, Kunstmaler, Designer), bei lehrenden Berufen (Dozent, Nachhilfelehrer, Life-Coach, Sprachlehrer, Schul- oder Volksschullehrer) oder beratenden Tätigkeiten (Steuerberater, Rechtsanwalt, studierte Unternehmensberater oder -Finanzberater) der Fall. Selbstverständlich auch bei Ärzten oder heilpraktischen Tätigkeiten. 

Der § 18 Abs.1 Nr. 1 EStG nennt dabei selbst sogar konkrete Berufsbilder. 

"Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe."

Die Grenzen dabei sind allerdings fließend. Nicht selten entscheidet das Finanzamt, in letzter Instanz ein Gericht, welche Erträge dennoch als gewerbliche Einnahmen anzusehen sind. Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied sehr häufig nicht nur über ausgeübte Tätigkeiten, sondern auch über einzelne Erträge aus Aufträgen. So kann das Finanzamt einem Webdesigner Erträge als gewerblich klassifizieren, wenn dabei die schöpferische Arbeit verlassen wird. Vermietet dieser bepreisten Webspeicherplatz an seine Kunden, stellen diese Erträge Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar. Sollten diese "Nebeneinnahmen" irgendwann überwiegen, liegt faktisch ein Gewerbebetrieb vor. 

Ein gutes Beispiel dient hier der Zusatz aus § 18 Abs.1 Nr. 3 EStG. Neben Testamentsvollstrecker und Aufsichtsratmitglied wird hier der Ertrag aus Vermögensverwaltung als sonstige Einkünfte aus selbstständiger Arbeit anerkannt. Dies setzt aber voraus, das die Tätigkeit nicht als Subunternehmer ausgeführt wird, sondern der Vermögensverwalter unmittelbar zur Verwaltung fremden Vermögens berechtigt und verpflichtet ist. So die Auffassung des Gerichts. Es erfordert einer Rechtsbeziehung zum Inhaber des Vermögens und eine unmittelbare Berechtigung und Verpflichtung zur eigenständigen Vermögensverwaltung. Sogar ein Steuerberater handelt gewerblich, wenn er eine Vermögensverwaltung nicht in eigener Person ausgeübt hat. In einem Fall des BFH hatte ein Steuerberater einen gelernten Bankfachmann angestellt, fremdes Vermögen zu verwalten. Der zusätzliche Einbezug eines qulifizierten Sachbearbeiters führte hier dazu, dass die resultierenden Einnahmen sowohl bei dem Steuerberater als auch dem "Finanzexperten" als gewerblich anzusehen waren (BFH Urteil Az. IV R 41/03). Es fehlte der direkte Bezug. Ebenso wird der Begriff "Vermögensverwaltung" auch gerne von gewerblichen Vermittlern von Finanzprodukten gebraucht.

Fazit: Die Einnahmemöglichkeiten von Freiberuflern sind stark eingeschränkt. Sie müssen stets den vorgeschriebenen Grundsätzen entsprechen. Ansonsten droht eine Einstufung als gewerbliche Einnahme. Es können bei größeren Anliegen auch Nachzahlungen der Gewerbesteuer drohen. Um die Einkünfte sauber zu trennen, empfiehlt es sich bei Nebeneinkünften die Rechnungsstellung sauber zu trennen. Ansonsten kann nach Auffassung des Finanzamts die freiberufliche Einnahme "infiziert" werden.

Hochschulstudium keine Bedingung

Wenn man die Einzelnennungen des § 18 EStG berachtet, ist der Gedanke vertretbar, man müsse über eine Hochschulgraduierung verfügen, um freiberuflich Tätig zu sein. Dies ist nur der Fall, wenn der Beruf selbst dies erfordert. Eine Zulassung als Arzt oder Rechtsanwalt bekommen Sie nur mit einem Staatsexamen. Ein Studium ist ansonsten keine Bedingung. 

Wer Gerichtsentscheidungen in solchen Fällen zur Kenntnis nimmt, stößt oft auf Aussagen, wie "geistige Leistung" und "Wissen in Tiefe und Breite". Bei studierten Personen geht man wohl von dieser Grundlage aus. Aber Steuerberater zum Beispiel ist ein beliebter Freiberuf, der kein Hochschulstudium voraussetzt. Das Wissen kann auch über einschlägige Ausbildungsberufe mit Weiterbildungsmaßnahmen angeeignet werden. Dies ist auch wichtig, denn die Durchfallquote bei der Steuerberaterprüfung ist hoch. Die geistige Arbeit, eine Anwendung von Wissen in Tiefe und Breite, ist in unterschiedlichen Freiberufen der Fall. Sei es der Finanzberater*, der im Auftrag ein profitables Konzept erstellt oder die Physiotherapeutin, die einen Behandlungsplan aufsetzt und Übungen lehrt.  

(* Wenn unabhängig und in voller Breite Konzepte "erschaffen" werden. Anders Finanz- oder Versicherungsvertreter, Kreditberater.)

Autodidakten freiberuflich im IT-Bereich

So kam es auch, dass vor allem im Bereich der Informatik und EDV sich viele auch ohne Hochschulstudium als Freiberufler erfolgreich etablieren konnten. In manchen Fällen war früher ein Gerichtsbeschluss von nöten, da Finanzbehörden hier gerne eine gewerbliche Tätigkeit sahen. Wie in anderen Berufsbereichen auch, ist die Anerkennung als Freiberufler heute daran gewachsen.

BFH Az: VIII R 79/06: Im Anerkennungsverfahren hatte der Kläger ehemals die höhere Handelsschule besucht, war staatlich geprüfter Wirtschaftsassistent der Datenverarbeitung und selbstständiger Subunternehmer verschiedener Firmen. Zahlreiche Lehrgänge erweiterten seine Kenntnisse, neben der praktischen Tätigkeit. Zu seinem Angebot und Tatigkeit gehörten die Einarbeitung von Projektmitarbeitern, Auf- und Sicherstellung von Reportings, koordination von technischen Lieferanten. Ein klarer Freiberuf, so das Urteil des Bundesfinanzhof (BFH). Er wies einen ähnlichen Kenntnistand eines Diplominformatikers oder IT-Ingenieur auf. Trotz Subunternehmerschaft im Freiberuf, in der er eigenverantwortlich und unmittelbar arbeitete. 

BFH Az: VIII R 63/06: Ein EDV-Betriebswirt began seine Selbstständigkeit im Bereich EDV-Consulting und Software-Engineering. Im Streitfall standen zur gerichtlichen Begutachtung das Einrichten von Betriebssystemen und betrieblicher Software. Auch arbeitete er diesbezüglich im Labor des Auftraggebers. Das Einrichten von Betriebssystemen und Übertragungssoftware sah das Gericht als typische  freiberufliche Tätigkeit, einem Informatiker gleichstehend.

Bei der Tätigkeit entscheidet meist die Art und Umfang:

BFH Az: VII R 31/07: Ein Dipl.-Ingenieur konfigurierte, installierte und betreute Betriebssysteme in Firmennetzwerken. Störungen im Netzwerk beseitigen und Modifikationen vorzunehmen gehörten ebenso zu seinen Leistungen. Klassischer Freiberuf, so der BFH.

 Bei klassischem Help-Desk, allgemeiner Support oder Aufstellen von Hardware geht man allerdings auch weitehin von einer gewerblichen Tätigkeit aus. 

Eine Zahnärztin vertrieb in Ihrer Praxis in einer "Verkaufsecke" Zahnpflegeprodukte. Was denken Sie? In diesem tatsächlich vorgekommenen Sachverhalt war die zahnärztliche Tätigkeit natürlich ein Freiberuf und der Shop das Nebengewerbe. Die Verkaufstätigkeit beim zuständigen Gewerbeamt anmeldepflichtig und sauber von den freiberuflichen Einnahmen zu trennen. Hier werden dazu vom Finanzamt unterschiedliche Steuernummern zugewiesen.

Übersicht

Aus zahlreichen Einzelentscheidungen und gesetzlichen Vorgaben lassen sich eine Vielzahl von Tätigkeiten zuordnen. Treten Zweifel auf, sollte ein Gespräch mit dem Finanzamt und/oder Steuerberater vordergründig sein.

FREIBERUF GEWERBLICH

Architekt | Baustatiker | Ingenieur

Schöperische Design und Planungstätigkeit.

Architekt

Erstellt "schlüsselfertige" Häuser. Vertriebsabsicht.

Arzt

Auch Zahn- und Tierärzte. Hebammen und Heilpraktiker. Physio- und Psychotherapeuten. 

Arzt (Pharmavertreter)

Pflege- oder Nahrungsergänzungsprodukte, medizinische Ausstattung.

Apotheker

Gehört zu den Heilberufen.

Apothekenbetreiber

Wiederverkäufer, vielzahl an (Hilfs-)Produkten.

Bilanzbuchhalter, vereidigte Buchprüfer, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Unternehmensberater

Es liegen Schwerpunkte, Tiefen- und Breitenwissen vor. In der Regel Hochschulabsolventen oder höhere Ausbildung.

Buchhalter, Unternehmensberater

Allgemein ein Gewerbe. "Buchhalter", "Unternehmensberater" sind keine geschützten Berufsbezeichnungen und werden häufig als verzerrte Bezeichnung für diverse Dienstleistungen verwendet.

Beratende Betriebs- oder Volkswirte

Die fachliche Breite muss eingesetzt werden. Schwerpunkte unschädlich.

Betriebswirtschaftlicher Dienstleister

Allround-Dienstleister für kaufmännische Tätigkeiten.

EDV Berater, -Analysist, -Betreuer

Sofern das Spektrum von Informatikern oder IT-Ingenieuren erreicht ist.

EDV-Support

allgemeines Breitenangebot.

Designer, Modedesigner, Webdesinger

Wenn die schöpferische und künstlerische Tätigkeit im Vordergrund steht. 

Grafiker

Das produzieren von Grafiken, grafischen Untermalungen und Ausbesserungen, Färbungen o.ä.

Journalist, Schriftsteller, Redakteur

Auch hier steht die schöpferische Tätigkeit im Fokus.

Web Content Manager, Web-Redakteur

In Art und Umfang häufig nicht als Freiberuf anerkannt, wenn die schöpferische Tätigkeit zu gering ist. Wenn werbeaktiv, definitiv gewerblich.

Juristische Berufe | Gerichtsvollzieher

Rechtsanwalt, Notar. Gerichtsvollzieher handeln im hoheitlichen Auftrag und kann im Freiberuf ausgeführt werden.

Agenten | Vertreter | Vermittler | Manager

Keine Mandatsträger sondern Auftragnehmer für den Vertrieb und Verwaltung einer Fremdleistung.

Lehrberufe | Fahrlehrer | Dolmetscher

Lehrer in jeder Form (auch Sprach- oder Nachhilfe).

Übersetzer | Korrespondentin | Lehrmittelfachmann 

Verkaufs- und Hilfstätigkeiten sind i.d.R. immer gewerblich.

Schauspieler, Musiker, Komponist, Maler (Künstlerisch), Pantomime, Entertainer 

Schöpferisch und künstlerisch hohe Stellung.

* Musikproduzent ist eine gewerbliche Tätigkeit

Model

Werbeaktive Berufe sind generell gewerblich.

 

Im Zweifelsfall besprechen Sie Ihr Vorhaben mit dem Finanzamt und bitten um Anerkennung als Freiberuf.

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