Dass Menschen sterben am schweren Alkoholmissbrauch oder einer Überdosis an harten Drogen, ist wohl in keiner Gesellschaft eine Neuigkeit. Nur was, wenn ein pathologischer Bericht plötzlich aufzeigt, die Todesursache ist Leberversagen durch eine Überdosis Paracetamol? Tatsächlich vorliegende Fälle in Deutschland belegen, dass einige von den etwa 30.0003 rezeptfreien Medikamenten und Wirkstoffen gar tödlich sein können.
Es wird gekauft und bestellt. Online-Apotheken bieten sich an, den heimischen Vorrat an Schmerzmitteln, Mittel gegen Allergie und Heuschnupfen sowie schlaffördernde Mittel aufzustocken. Immerhin gaben bereits zwischen 2013 und 2016 12,25 Millionen Personen über 14 Jahre in Deutschland an, ihre Mittelchen online zu bestellen.1 Das Statista Research Department gab in einer Folgeanalyse jüngst bekannt, dass etwa 2,9 Millionen Erwachsene allgemein gar einen "problematischen Medikamentenkonsum" aufweisen.2 Klingt alamierend und ist es auch. Denn neben den verschreibungspflichtigen Medikamenten gibt es zahlreiche Wirkstoffe, die bei einem Überkonsum toxisch wirken. Im schlimmsten Fall zum Tode führen. Auch die dauerhafte Einnahme Leber und Nierenschäden verursachen kann. Besonders, wenn diese rezeptfreien Mittel in hohen Mengen eingenommen werden.
In unserer stressigen Zeit bleibt hier und da selten ein Abschnitt für einen Arztbesuch. Man kann nicht einschlafen, die Erkältung verschwindet nicht. Schnell kommt man in Versuchung zu den "freien" Mitteln und Wirkstoffen zu greifen. Bei hohen Dosen geht aber der gute Zweck verloren und es wird lebensgefährlich. Ein kleiner Auszug aus frei verkäuflichen Wirkstoffen:3
Iboprofen: Der Wirkstoff gilt zwar als gut verträglich und schmerzstillend, kann aber bei Erwachsenen ab einer Tagesdosis von 1200mg toxische Wirkungen entfalten. Bei Heranwachsenden bereits ab 30mg pro Kilogramm Körpergewicht. Ein Überkonsum geht einher mit Stoffwechselübersäurung, Bewusstseinstrübungen und auf Dauer die Gefahr eines Leberschadens und Tod.
Paracetamol: Ebenso als gut verträglich bekannt und eines der beliebtesten Schmerzstiller. Bei einer Tagesdosis ab 6 Gramm können schwere gesundheitliche Schäden folgen, ab 7,5 Gramm pro Tag sogar tödlich enden. Heranwachsende sollten niemals 200mg pro Kilogramm Körpergewicht in der Tagesdosis überschreiten. Eine Überdosierung kann zu Leberversagen führen. Bei starken Schmerzen verliert man schnell die Übersicht über den Tageskonsum.
Doxylamin: Ein Wirkstoff, der in vielen Schlafmitteln enthalten ist. Bei Erwachsenen sind schwere Folgen zu erwarten bei einem Tageskonsum von mehr als 15mg pro Kilogramm Körpergewicht, bei Heranwachsenden bereits ab 2mg pro Kilogramm Körpergewicht. Bei Kindern sollte auf eine Einnahme solcher Schlafmittel verzichtet werden! Eine Überdosis kann schnell zu Fieber, Bewusstlosigkeit und Herz-Kreislaufstillstand führen.
Weitere Substanzen des täglichen Lebens:
Koffein: Das Alkaloid ist als Wachmacher bekannt und beliebt. 10 Gramm dieses Alkaloids als Tagesdosis können tödlich wirken. Dies entspräche etwa 200 großen Tassen Espresso oder 100 1-Liter-Flaschen Cola. Allerdings können bereits ab 1 Gramm pro Tag gesundheitliche Schäden auftreten, bei Heranwachsenden bereits ab 0,5 Gramm (~ 5 Liter Cola). Hier ist aber ergänzend zu erwähnen, dass die Kombination aus großen Mengen Koffein und Zucker auf Dauer gesundheitliche Folgen hat, auch bei geringeren Mengen. Konsumenten von Energie-Drinks, welche in jedem Supermarkt angeboten werden, sollten aufmerksam Ihren Tagesverbrauch beobachten. Auch bleibt erwähnenswert, dass Koffein in einigen freiverkäuflichen Medikamenten als Zusatz enthalten ist.
Aspartam: Der Süßstoff, der hundertfach süßer als Zucker ist, kann bei Heranwachsenden ab einer Menge von 5mg, bei Erwachsenen ab 20mg eine toxische Wirkung entfalten. Süßstoff ist generell aus der Rechweite von Kindern aufzubewahren! Diese Dosis sollte aber bei einem herkömmlichen Gebrauch selten erreicht werden.
Salz: Natriumchlorid (Kochsalz) ist an sich in kleinen Mengen nicht gesundheitsschädlich. Ganz im Gegenteil, unser Körper ist auf Salz angewiesen. Allerdings nur auf verträgliche Mengen! 2-3 (>40 Gramm) Esslöffel Salz am Tag sind bereits schwer gesundheitsschädlich, über 10 Esslöffel am Tag sogar tödlich. Die Blutgefäße ziehen sich zusammen und nicht selten kommt es zum Atem- und Herzstillstand. Hintergrund ist, dass zuviel Salz Wasser aus den menschlichen Zellen zieht. Heranwachsende sollten stark salzige Speisen meiden.
Insbesondere sollte tunlichst auf Wechselwirkungen mit verschreibungspflichtigen Medikamenten geachtet werden. Die Wirkung kann gegenseitig aufgehoben oder vertärkt werden. Sprechen Sie in diesen Fällen unbedingt mit Ihrem Arzt oder Apotheker!
Das Tückische an solchen und weiteren Wirkstoffen ist, dass gesundheitliche Schäden bei Dauerkonsum auch in geringeren Mengen erst nach Jahren festzustellen sind. Heranwachsende können des Weiteren anderen Wechselwirkungen, Nebenwirkungen und Folgeerscheinungen unterliegen als Erwachsene. Eltern sollten nie versuchen Dosierungen abzuschätzen, wenn keine Angaben für Kinder in den Packungsbeilagen enthalten sind. Aber auch Panik aufgrund Unsicherheit, was rezeptfreie Medikamente angeht, ist falsch. Paracetamol und Ibuprofen sind nicht nur Schmerzmittel, sondern auch für Ihre fiebersenkende Wirkung bekannt. Die Verwendung herkömmlicher Mengen in manchen Fällen mehr als gerechtfertigt.
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1 Data Research Statista: "Online purchases of pharmaceuticals and medical devices in Germany 2013-2016", Nov. 2016.
2 Data Research Statista: "Hochrechnung zum Missbrauch verschiedener Substanzen in der deutschen Bevölkerung", März 2025
3 Magazin Welt der Wunder kompakt. Ausgabe 03/2025,: "Wie giftig ist unsere Medizin?", S. 46-49
Lynch, Shalini. Medizinische Redaktion MSD Menual im Artikel: "Rezeptfreie Arzneimittel und damit verbundene Vorsichtsmaßnahmen", Merck Sharp & Dohme LLC, USA, 2022.